Berufsfotografen: Interview mit Michael Diehl Photography

Fotograf Michael Diehl spricht über sein Lieblingsmotiv aus 2016:

BF: Hallo Herr Diehl, sie haben als eines Ihrer liebsten Bilder aus dem Jahr 2016 ein Fashionmotiv ausgesucht. In welchem Zusammenhang ist das Foto entstanden und was macht dieses Bild für sie persönlich zu Ihrem Lieblingsbild?

Michael Diehl: Tja, 2016 hat ja in Sachen Fotografie so einiges an neuen Projekten und Erfahrungen gebracht. Für mich eine der anfangs aufregendsten und chaotischsten, aufwendigsten, doch dann schönsten, lustigsten und letztendlich erfolgreichsten Fashionshooting war die Produktion für das Stuttgarter Modelabel EINE LINIE mit Trampolin im Rapsfeld.
Der Aufwand mit Organisation, Locationsuche, Manpower, Transport, großes Trampolin, Catering, etc. war einfach enorm und wäre ohne die aufopfernde Hilfe von sehr guten Freunden in der Heilbronner Gegend auch fast unmöglich gewesen. Und als wir dann die schöne Location mit gesuchten blühenden Rapsfeld, leicht am Hang mit freien Hintergrund in den blauen Himmel an einem Donnerstag glücklich gefunden hatten, war genau dieses Rapsfeld am Montag drauf, als unser Shooting für das Modelabel angesetzt war, abgemäht. Und das, obwohl wir mit dem Bauern als Besitzer vorher gesprochen und er es genehmigt hatte. Er hatte aber so viele Rapsfelder und hat es Freitags beim Mähen leider verwechselt. In der Zeit, als die Models am nachfolgenden Montag geschminkt wurden, hat er uns dann aber (… mit schlechtem Gewissen ;-)) ein paar Kilometer weiter dieses Rapsfeld von den letztendlichen Fotos gezeigt, welches ja auch perfekt gepasst hat… also am Ende doch wieder alles gut, aber der Schreck für´s ganze Team nach längerer Anreise durch Wald und Wiesen war erst mal groß, nachdem das Wetter die Tage zuvor auch etwas auf der Kippe stand.

BF: Würden Sie sagen, dass dieses Bild Ihre Art der Fotografie charakterisiert? Was ist Ihnen generell bei Ihren Aufnahmen besonders wichtig, worauf legen Sie am Meisten wert?

Michael Diehl: Diese Produktion, aus der natürlich mehrere Fotos verschiedener Outfits des Modelabels für den Kollektionsprospekt entstanden sind, gehört auch vom Endcharakter her zu einem meinen Lieblingen 2016, nicht nur der nervenaufreibenden Vorgeschichte wegen. Ich fotografiere sehr gerne mit weichem- und Tageslicht, nur mit notwendigsten Aufhellern oder Aufhellblitzen.
Beim Team lege ich viel Wert auf die Professionalität und Zuverlässigkeit eines jeden, wobei der Caterer, die Assistenten und jeder andere der Crew von unten nach oben den gleichen Stellenwert hat, denn ohne den einen, geht´s beim anderen nicht (… denn Sie wollen wirklich nicht wissen, welche Laune ich bekommen kann, wenn der Caterer die falsche Wurst auf dem Brötchen hat ;-)).
Wobei dann aber auf dem Set letztlich nur einer das Kommando haben kann … und klar, das bin nun mal ich. Aber auch einen Spaßfaktor muss ein professionelles Shooting haben, denn ohne diesen oder auch mit straffer, falsch geglaubter Hierarchieordnung wird es schnell steif, kühl, unpersönlich und somit nicht erfolgreich mit dem passenden Ergebnis.

BF: Wussten Sie eigentlich schon bei der Aufnahme, dass dies ein ganz besonderes Bild für Sie sein wird, oder hat sich das erst später im Auswahlprozess ergeben?

Michael Diehl: Dieses Shooting mit unseren 2 wirkliche tollen, tapferen Models Anne Naber und Wendla Wiesemeier war eigentlich mit nichts vorher produziertem zu vergleichen. Dinge auf die man sonst sehr viel Werte legt, wie z.B. schön frisierte Haare und möglichst faltenfreie Outfits, waren hier bei dieser Action natürlich plötzlich ohne Bedeutung. Der Unsicherheitsfaktor ist hierbei natürlich größer und man drückt als Fotograf eher öfters auf den Auslöser, auch mit Motor, da man man bei diesen Bewegungen und dem entsprechenden Timing eigentlich mit etwas mehr an Bildausschuß rechnet. Die eigentlichen Bildserien sind jedoch phantastisch geworden und es war doch wider erwarten äussert zeitaufwenig und schwierig, bei so vielen ansprechenden Bildern  D A S  entsprechende Foto von der Bewegung in diesem tollen passenden Kollektionsoutfits her, bei den gefühlten 798 Sprüngen pro Model, rauszupicken. Ich habe Ihnen deswegen gerne mal ein paar Serien mit jeweiligen Close-ups zusammengestellt. Wir hatten da mit unserer Valentina Kousidou übrigens eine hervorragende und äußerst kreative Stylistin für Hair & Makeup dabei, die immer wieder mit neuen ausgereiften und außergewöhnlichen Ideen zu den ebenfalls außergewöhnlichen Kleidern von EINE LINIE aufwartete.
Wir hatten alle schon an diesem Tag, trotz dem anfänglichen kurzfristigen Chaos wegen dem plötzlich abgemähten Rapsfeld, eine Bombenstimmung, weil alles von jedem Einzelnen bestens vorbereitet und geplant war. Die Räder griffen alle wohlgeschmiert ineinander und auch die Models haben solch ein Shooting nicht jeden Tag… also Spaß im Quadrat, aber der Muskelkater danach ließ grüßen, so wie mir von den Mädels später berichtet wurde.

BF: Wo sehen Sie Ihren Fokus in diesem Jahr: auf Portraits, Fashionfotografie oder Werbeaufnahmen und welche fotografische Motivation begleitet Sie ins Jahr 2017? Gibt es schon fest geplante freie Projekte oder einen „Traumjob“ in Aussicht?

Michael Diehl: Wie sie auf meiner entsprechenden Website sehen, bin ich in der Fotografie recht flexibel, da mir diese an sich sehr viel Spaß macht. Ob das jetzt eine aufwendige Modeproduktion mit Trampolin im Rapsfeld ist, charakteristische Portraits für Geschäftsberichte, neue Websites oder CD-Cover beim Kunden oder Künstler vor Ort, ob Dokumentationen von Events, ob Stills von Werkzeug oder sonstigen Kleinteilen, oder andere Lifestyle-Produktion hier im stylischen Esslinger Studio, in welches ich erst vor 2 Jahren umgezogen bin … oder natürlich meine geliebten Fotoreisen in meine 2. Heimat Kapstadt als eine der schönsten Fotolocations der Welt.
Freie Projekte entstehen bei mir meistens eher kurzfristig aufgrund irgendeiner plötzlichen Idee. Die muss nicht mal meine sein, sondern vielleicht auch die eines Models, einer Visagisten oder Stylistin, die man dann auch gemeinsam weiterspinnt und verwirklicht. Eben alles was gut geplant Spaß macht und ein für alle Beteiligten tolles Ergebnis bringt… und genau so sollten alle mein Traumjobs aussehen… obwohl es davon endlich mal wieder einen auf den Seychellen geben sollte.
Aber wie Sie an unserem nachfolgenden „making of“ zu dieser erfolgreichen Fotoproduktion sehen, gibt es zu Traumjobs auch tolle Gelegenheiten hier im Schwobaländle.

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Liebe Grüße und bis zum nächsten Mal,
Michael