Ein Interview mit Michael Diehl. Teil 1: Von Schoßhunden und Polizeieinsätzen: Das Abenteuer Outdoor-Location
Liebe Leserinnen und Leser,
mein Blog soll Euch die Möglichkeit bieten, immer noch etwas mehr über mich und meine Arbeit zu erfahren. Vor kurzer Zeit habe ich mich dem Stuttgarter Radiosender DIE NEUE 107.7 für ein kleines Interview zur Verfügung gestellt, bei dem ich ausgiebig über meinen Werdegang, meine Werte, meine Arbeitsweise und einige einprägende Erlebnisse aus meiner Laufbahn berichten konnte. Dieses amüsante Gespräch möchte ich Euch hier natürlich nicht vorenthalten. Die einzelnen Teile des Interviews werden in den kommenden Wochen hier zu lesen sein – ein regelmäßiger Besuch lohnt sich also immer! Viel Spaß dabei.
Michael, erzähle uns doch zunächst ein wenig über Deine Arbeit: Wo arbeitest Du und welche Themen begeistern Dich besonders?
Ich bin mit meinem großen und stylishen Fotostudio in Esslingen bei Stuttgart viel für Mode, Beauty, Porträts, Werbung, Events und Dokumentationen gebucht. Also fast alles, was mit Menschen und/oder Models zu tun hat. Aber auch Stills fotografiere ich sehr gerne, weil ich dabei auch die Ruhe und die Konzentration genießen kann, alleine, maximal mit meinem Assistenten und meistens ungestört auf mein Ziel hinarbeiten zu können.
Ein Shooting im eigenen Studio ist natürlich immer ein Heimspiel. Und Du hast es Dir hier ja wirklich stylish, aber gleichzeitig auch sehr gemütlich eingerichtet. Aber treibt es Dich für Deine Arbeit nicht trotzdem manchmal nach draußen, an die frische Luft?
Doch, natürlich. Wenn nicht mein eigenes helles Fotostudio die Location sein soll, besteht bei vielen Aufträgen die größte Herausforderung darin, eine geeignete Location, mit einem tollen, zum Thema passenden Ambiente sowie möglichst noch mit gutem, vorhandenen Licht zu finden. Diese Location wird jedoch oft auch vorgegeben und man ist manchmal gezwungen, Kompromisse einzugehen. Es gibt Fälle, da sind die Entfernungen zur Location einfach zu groß, mögliche Nutzungszeiträume zu kurz oder es sind die entsprechenden Kosten, die das vorgegebene Budget übersteigen. Dann muss ich nach passenden Alternativen suchen.
Bei einer Outdoor-Location gibt es ja sicherlich mehr Unwägbarkeiten als im heimeligen Fotostudio. Wie stellst Du sicher, dass dann vor Ort alles so läuft, wie Du Dir das vorgestellt hast?
Wenn die Location festgelegt ist, versuche ich mir diese nach Möglichkeit vorher in Ruhe anzuschauen. Am besten zur selben Tageszeit, zu welcher das Shooting geplant ist. So kann ich mir einen Eindruck von genau diesem Licht zu machen. Wo kommt es her? Wohin fallen die Schatten? Stehen eventuell andere Gebäude, Felsen oder Bäume im Weg? Ich mache dann digitale „Polaroids“, die ich später gedanklich durchgehe, um die zu fotografierende Situation dort durchzuspielen. Am liebsten kombiniere ich das Umgebungslicht mit Blitz – und/oder Dauerlicht. Dabei versuche ich immer, möglichst nah an das natürliche Licht heranzukommen, um mit ein paar Effektlichtern noch das eine oder andere wichtige Detail wirkungsvoll hervorzuheben.
Wenn Du alles genau inspiziert hast, kann es da trotzdem einmal passieren, dass es an Deinem eigenen Equipment scheitert?
Das sollte mir natürlich nicht passieren. Darum gehe ich am Tag vorher immer meine direkten Abläufe durch: Ich prüfe und formatiere meine Speicherkarten, lade alle Akkus, putze die Objektive, teste die Funkauslöser und kontrolliere den Inhalt des Kamerakoffers. Außerdem mache ich eine Packliste für das sonstige benötigte Equipment wie externe Festplatten, Wind- und Nebelmaschine, Aufheller, Diffusor und für die weitere, Ausrüstung, die ich für das jeweilige Shooting speziell benötigte, Ausrüstung.
Als Fotograf musst Du die Produktion anders sehen als vielleicht ein Außenstehender, ein Betrachter. Man muss schon sehr, sehr konzentriert sein. Nicht nur auf das direkte Geschehen vor der Kamera, sondern auch auf das 360° Geschehen um das Ziel herum. Das heißt, während ich das Model fotografiere, halte ich trotzdem den Gesamtablauf im Auge: Welches Sujet kommt danach, wie ist die beste Reihenfolge in Hair & Make-up zu welchem neuen Styling-Outfit, in welcher Ecke der Location geht es weiter, mit welchem Objektiv, und, und, und. Bis hin zu: hat jemand Hunger und verkneift es sich nur?!
Das klingt jetzt eher weniger entspannt. So ein Multitasking vor Ort bedarf sicher einer entsprechenden umfangreichen Vorbereitung der Prozesse?
Ja, natürlich. Am Tage des Shootings bin ich mit meinem Assistenten dann schon etwas früher auf der Location, plane und bereite das Setup vor, um später mehr Zeit für die eigentlichen Aufnahmen zu haben. Ich habe immer eine grundsätzliche Vorstellung davon, was auf meinen Bildern zur Geltung kommen soll. Ich vermeide es jedoch, allzu starr an die Sache ranzugehen Es ist immer gut für alles offen zu sein und auch mal flexibel auf unvorhergesehene Vorkommnisse reagieren zu können.
Jetzt kommen wir scheinbar zu den besonders spannenden Themen. Hast Du eine Anekdote parat, von einem Shooting, bei dem Du besonders improvisieren musstest?
Ja, da fällt mir gerade ein exzentrisches Modeshooting bei Sonnenuntergang ein, auf einem abgeernteten Kohlfeld. Plötzlich kam ein Jogger mit seinem wirklich süßen kleinen weißen Hund, einer Promenadenmischung, vorbei. Da habe ich die Gelegenheit genutzt, ihn ruckzuck angesprochen und… schwups war der Hund auf dem Schoß des Models. So schnell „bucht“ man einen neuen, tierischen Hauptdarsteller. Das Bild hätte so nicht besser im Vorfeld geplant werden können. Aber an einen kleinen Hund hatte erst mal keiner im Team gedacht. So einfach geht das, wenn man für die Gegebenheiten des Umfelds achtsam ist.
Charmant gelöst, keine Frage. Aber so richtig problematisch war die Situation nun ja nicht wirklich. Gab es denn, in deiner langen Karriere, auch brenzligere Situationen?
Oh doch, natürlich. In Kapstadt hatten wir ein Werbeshooting an einem eigentlich absolut abgelegenen Strand. Dummerweise kam gerade in dem Moment, an dem wir dort fleißig am Arbeiten waren, zufällig die Polizei vorbeigefahren. Der sind wir natürlich ins Auge gefallen und wurden direkt nach dem Location-Permit, also unserer Erlaubnis dort zu fotografieren, gefragt. Eigentlich ist so was dort nicht nötig. Das hatte die Beamten zunächst aber wenig interessiert, und wir wurden höflich aber bestimmt dazu aufgefordert, den Strand umgehend zu räumen. Das hat mich dann schon – leicht – in Panik versetzt. Aber Gott sei Dank hatte die dortige gebuchte Productionagentur, nach einem etwa halbstündigen Stillstand des Shootings, wieder alles im Griff. Man darf sich also nicht unterkriegen lassen, auch wenn es mal nicht nach Plan läuft.
Das war der erste Teil meines Interviews. In der kommenden Woche erfahrt Ihr hier, wie aus meiner Sicht ein Fotograf sein Team führen sollte, um ein wirklich erfolgreiches Shooting zu gestalten.
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Liebe Grüße und bis zum nächsten Mal,
Michael