Ein Interview mit Michael Diehl. Teil 3: Von der Bank hinter die Kamera – mein Werdegang in der Fotografie!
Nach Teil 1 und Teil 2 erwartet euch heute der dritte Teil meines Interviews mit dem Radiosender DIE NEUE 107.7. In diesem abschließenden Part erfahrt ihr, wie ich eigentlich zur Fotografie gekommen bin.
Wolltest Du denn eigentlich schon von Kindesbeinen an Fotograf werden? Erzähl uns doch mal etwas über Deinen Werdegang!
Ich selbst komme aus der Modelbranche, also von VOR der Kamera. Als ehemaliger „bodenständiger“ Bankkaufmann bin ich in diese ganz anders aufgebaute Welt des Modelbusiness ungeplant und zufällig reingerutscht. Dann bin ich jahrelang, sehr zum Leidwesen meiner lieben, aber doch recht konservativen Eltern, international unterwegs gewesen. In dieser Zeit hatte ich durch die zahlreichen hervoragenden Fotografen mit denen ich VOR der Kamera gearbeitet habe, natürlich auch die besten Lehrmeister für meinen eigenen Werdegang HINTER der Kamera.
Alles Weitere habe ich mir durch viel Ehrgeiz, Geduld und Engagement autodidaktisch beigebracht, obwohl ich in sehr früher Jahren auch gegen die Einstellung meiner Eltern kämpfen musste: „Es gibt 1 ½ Millionen Arbeitslose und unser Sohn kündigt eine tolle Stellung auf der Bank und wird lebendiger Kleiderständer!“ Erst nach ein paar Monaten in diesem Job, und da mir mein Vater als Prokurist eines guten Autohauses anfangs die Buchhaltung gemacht und somit meine Verdienste im Auge hatte, haben sie verstanden, was ein solches Leben als „lebendiger Kleiderständer“ für mich – und für meinen Geldbeutel – bedeutete.
Du scheinst für Deinen Traum so einige Widerstände überwunden zu haben. Rückblickend betrachtet: Was hast Du in dieser Zeit Entscheidendes gelernt?
Es war für mich ein großer Vorteil, dass mir nicht alles in die Wiege gelegt wurde. Ich weiß, wie es sich anfühlt, totales Neuland zu betreten und etwas lernen zu müssen, etwas nicht zu können, mir etwas abschauen zu müssen. Daher habe ich das Gefühl, dass ich so manchen Models und auch „normalen“ Menschen vor der Kamera in der Posing-Umsetzung oder in ihrer Natürlichkeit leichter helfen kann, falls nötig. Vielleicht habe ich auch mehr Verständnis und mehr Geduld als andere gelernte, „nüchterne“ Fotografen, die von der Uni kommen, sich aber dafür vielleicht technisch mehr auskennen als ich.
Für mich ist es aber entscheidend, wie ich auf die Menschen zugehe, wie ich sie mitnehme. Das ist wichtig für mich und meine Ergebnisse in der Fotografie! Zwischendurch mache ich daher auch gerne ein paar passende, auflockernde Witze und „kluge“ Sprüche, bleibe immer und vor allem mit meinen Models im Gespräch, lasse diese nie allein, besonders bei Newcomern oder bei Kamera unerfahreneren Menschen, bei z. B. bei Firmenporträts.
Welche Erfahrungen aus Deiner Zeit als Model helfen Dir heute besonders weiter?
Das ist mein großer Vorteil gegenüber vielen anderen guten Fotografen, dass ich jahrelang selbst als Anfänger bis hin zum jahrelangen internationalen Profimodel vor der Kamera stand und somit genau weiß, was verlangt werden kann und wie sich das Model, dieser MENSCH, vor meiner Kamera fühlt. Wenn ich das Model auffordere, eine andere Pose einzunehmen, verwende ich stets positive Formulierungen. Zwischendurch zeige ich dem Model und dem gesamten Team einige Bilder auf dem Kameradisplay oder auf dem Laptop. Dabei kann jeder gerne – aus seiner Sicht – Verbesserungsvorschläge äußern, die, wenn passend, auch umgesetzt werden. Nichts ist 100 % fest und bindend, Spielraum ist immer vorhanden. So binde ich jeden Einzelnen des Teams in den Prozess mit ein und kann gleichzeitig prüfen, ob jeder mit seiner Arbeit und den Ergebnissen der anderen zufrieden ist.
Das steigert jedermanns Selbstvertrauen im Team und hilft, sich bei den eigentlichen Aufnahmen auf seine eigene Aufgabe zu konzentrieren. Sei es die von Models, Hair & Make-up, Styling, bei der Einhaltung der Layoutvorgaben des Kunden oder auch des Assistenten, der gerade „nur“ die Windmaschine bedient. Man gibt jedem dadurch das Gefühl, dass man diesen Menschen respektiert und seine Arbeit schätzt. Ihn ernst nimmt und sich bemüht, ihn und seine Arbeit bestmöglich in Szene zu setzen. Das wiederum erhöht die Kooperationsbereitschaft und man erzielt mit dieser Spirale nach oben somit noch bessere Ergebnisse.
Eine letzte Frage noch: Wie gelingt es Dir, Kunden für Dich und Deiner Arbeit zu begeistern und Deine Vorstellungen umsetzen zu können?
Angesichts des harten Wettbewerbs unter den vielen wirklich sehr guten Fotografen ist es heutzutage äußerst wichtig, sich selbst und seine Arbeit auch als einzigartig zu verkaufen. Das ist manchmal ein schmaler Grad gegenüber dem Auftraggeber. Man muss freundlich und respektvoll sein, darf sich aber auch nicht scheuen, bestimmt aufzutreten. Denn auch die Zeit ist ein entscheidender Faktor und ewige Diskussionen über „so oder so“ und über „hier oder da“ sind dabei natürlich eher kontraproduktiv. Man muss die richtige Geduld und ein überzeugendes Auftreten haben, im richtigen Moment wieder die Kontrolle zu übernehmen, um dann die entscheidende Aufnahme, DAS Foto, zu bekommen. Die Leute verspüren, wenn man seinen Beruf mit Leidenschaft ausübt.
Wenn das Projekt von einer Agentur, einem CD oder dem Kunden selbst betreut wird, der natürlich eine eigene Vorstellung von den Aufnahmen hat, versuche ich seiner Vision zu entsprechen oder zumindest dieser sehr nahe zu kommen. In der Fotografie ist 1+1 eben nicht immer 2. Da kann auch schon mal 3 oder 4 ebenfalls richtig sein, da vieles in der Fotografie eine individuelle Geschmacksfrage ist. Aber als Fotograf darf man nie vergessen, dass man selbst derjenige ist, der gebucht wurde. Man sollte sich also nicht scheuen, für das perfekte Ergebnis flexibel auf die Gegebenheiten vor Ort zu reagieren und seine eigene Meinung über Situation und Anmutung darzulegen und einzubringen.
www.mdiehl-photography.com
Vielen Dank, Michael, für dieses aufschlussreiche Interview… das Klischée des Fotografen ist ja nun zumindest bei Dir eindeutig widerlegt. Weiterhin alles Gute und viel Erfolg, wir werden sicher noch öfter von Dir hören!
Gerne, tschüs, hat Spaß gemacht. Vielen Dank auch an Euch… bis bald wieder!
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Liebe Grüße und bis zum nächsten Mal,
Michael