Delieta – Ganz wenig Stoff für sehr viel Gesprächsstoff

Wir schreiben das Jahr 2019. Das ganze Land ist von der Vorstellung übermannt worden, dass Werbung grundsätzlich maximal politisch korrekt und im Idealfall dazu noch pädagogisch wertvoll sein sollte. Die Frage ist nicht mehr „Können wir damit jemanden erreichen?“, sondern nur noch „Könnte das nicht doch irgendjemand stören?“. Die Konzeption von Werbekampagnen ähnelt mehr und mehr der Konstruktion von einem Kinderspielplatz: Das wichtigste ist alle harten Ecken und Kanten abzuschleifen und sicherzugehen, dass sich niemand irgendwo anstoßen kann.

Also gibt es in ganz Deutschland nur noch Werbung, welche man bedenkenlos in der Werbepause von der „Sendung mit der Maus“ platzieren könnte, wenn sie denn eine hätte? Nicht ganz. Ein ziemlich cooles Fotostudio im beschaulichen Esslingen leistet tapfer Widerstand, mit einem Shooting, bei dem das Model einfach nur eine Handtasche trägt. Also sonst wirklich nichts, außer eben – einer Handtasche.
Oder nochmal für diejenigen, bei denen sowas kognitiv ein wenig länger dauert: Unser Model war ansonsten nackt – splitterfasernackt!

Wer sich jetzt schon sehr empört zeigt, sollte an dieser Stelle des Textes abbrechen. Denn das war kein Spaß. Also ein großer Spaß war dieses Shooting natürlich schon, aber nicht in dem Sinne, dass diese Einleitung irgendwie übertrieben gewesen wäre. Aber fangen wir die Geschichte doch von vorne an.

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Delieta – Stylishe Taschen in mutiger Kampagne

Der Ausgangspunkt der ganzen Aktion war eine erneute Anfrage von einem meiner Lieblingskunden aus Berlin: Delieta, die wandelbare Damenhandtasche für jedes Outfit. Für diesen coolen Unternehmer, mit absoluter klischeehafter Berliner Schnauze (lovin‘ it), hatte ich zwischenrein schon immer mal wieder fotografiert und vor ein paar Jahren auch eine tolle erfolgreiche erste Kampagne geschossen mit Thema: „Der Tagesablauf einer Damen-Handtasche.
Aber diesmal sollte es etwas ganz besonderes werden. Delieta fertigt und vertreibt ja wertige und elegant designte Handtaschen, die sich in diversen Größen und Formen mit einfachen „Klicks“ durch individuelle Bausteine in Sachen Cover, Bügel und Henkel, immer wieder neu gestalten lassen. Vormittags z.B. das Businesscover, nachmittags etwas jeansig zum Café gefällig und abends das passende Cover zur Oper ?
Für die begeisterte Frau heisst das eben NIE mehr Handtasche umpacken!

Eine gleichzeitig schlaue als auch spannende Idee! Aber trotzdem muss Delieta, als noch junges Label im Modebusiness – natürlich kämpfen, um die eigentlich verdiente Aufmerksamkeit für die tollen Produkte zu gestalten. Also mussten wieder mal richtig gute Fotos her und ich meine RICHTIG gute Fotos.

Um diese Bilder – genau wie die Handtaschen – maximal individuell zu gestalten, und um für das Label die wichtige große Aufmerksamkeit zu schaffen, kreierten wir dieses kompromisslose und klar strukturierte Setting: ein total nacktes, komplett tätowiertes Model, welches wir mit Nici Stephan aus Stuttgart besser nicht finden konnten, meine Charlie Ksiazek mit passendem Hair&Makeup und die stylishen Delieta Taschen. Mehr nicht… außer noch die Nebelmaschine … das reichte aber auch.

 

Knapp darüber ist genau richtigmdiehlphotographycom_werbung01

Eine große Herausforderung dabei war natürlich, die Tasche und die Hände des Models immer genau so zuplatzieren, dass nichts zu sehen ist, was die Bilder in die Region „nicht jugendfrei“ schubsen würde. Also knapp darüber war in Ordnung, vielleicht sogar beabsichtigt, aber manche Details müssen in der Fantasie des Betrachters verbleiben.

Meine Aufgabe war es also, unser Model so anzuweisen, dass die Posen und Bilder immer alle Vorzüge – also der Taschen natürlich, was denn sonst – hervorheben, aber das Wesentliche trotzdem verdecken. Jetzt mag manch einer sagen, dass ich hier übertreiben würde: Ganz tätowiert sei ja nicht wirklich ganz nackt. Aber diejenigen können ja – ein wenig Tinte auf der eigenen Haut vorausgesetzt – solch eine Diskussion gerne mal mit einem Bademeister führen.

Nur nicht zu viel Neid. Wer auf den Bildern mal genauer hinschaut, also warum auch immer man das tun sollte, wird schnell entdecken, wie präzise wir bspw. die Kette der Handtasche im Bild ausrichten mussten, um die Fotos nicht ins Nachtprogramm verschwinden zu lassen. Die vielen Versuche und die dabei entstehenden Bilder. Das war ein hochkonzentrierter Tag, mit viel pedantischen minimalem Bewegungsfreiraum, den wünsche ich keinem… Kunst am
tollen Körper hin oder her.
Auch für unser Tattoomodel Nici keine leichte Aufgabe… danke nochmals für Dein Vertrauen und Deine Geduld!

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Controversy Sells? – Ziel erreicht?

Der Amerikaner sagt bei solchen Themen ja gerne „controversy sells“. Und Kontroverse werden diese Produktbilder – sowohl bei Feministinnen als auch bei Sittenwächtern – mit der Sicherheit auslösen, mit der Nutella Angebote den Lidl Parkplatz füllen. Somit wird diese Delieta Kampagne im Frühjahr /Sommer 2019 sicherlich für Gesprächsstoff sorgen. Was ja durchaus gewollt ist.

Das Ergebnis hat sowohl das Team von Delieta, als auch mich selbst, am Ende jedenfalls sehr begeistert. Natürlich gefallen derart provokante Fotos sicherlich nicht jedem. Das sollen sie aber auch gar nicht. Aber auffallen. Und dann die Damen ansprechen, die sowohl den Mut der Kampagne als auch den Stil der Delieta Taschen zu schätzen wissen… das Delieta-Team freut sich auf den sich ankündigenden „Shitstorm“, somit  Ziel erreicht 😉 !

Aus verständlichen Gründen wurde von dieser Produktion keines der bei mir üblichen „making of“ gedreht, denn sonst wären zu viele schwarze Balken im Bild gewesen. Dafür aber nachfolgend nochmal – im Vergleich zur diesjährigen Kampagne – die ganz brav „angezogen“ Sequenz zu Delietas oberpraktischer Lösung „nie mehr Handtasche umpacken“, des allgemein bekannten Frauenproblems.

 

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Liebe Grüße und bis zum nächsten Mal,
Michael

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